Vor Kralendijk liegen etwa dreissig Yachten, eine neben der anderen, an den Bojen. Es erinnert uns an eine Reihenhaussiedlung. Wir fühlen uns wohl und bleiben einen ganzen Monat an der gleichen Boje in diesem Dörfli. Fränzi und Pesche von der Pandora teilen uns den Veranstaltungskalender mit. Er ist einfach, jeweils am Mittwoch gibt es gemeinsame Aktivitäten, Hamburgeressen im Restaurant der Marina oder BBQ am Strand, organisiert von Martin und Ellen von Acapella. Wer einkaufen will, kann jeden Dienstag und Freitag um 17 Uhr mit Therese in ihrem kleinen Bus zum Supermarkt fahren.
Von jetzt an tauchen wir fleissig. Entweder wir springen gleich hinten am Schiff ins Wasser oder wir segeln mit Maselle zu einer der vielen Tauchbojen oder wir machen einen Ausflug mit Suzanne und Sylvain mit ihrem Dinghi oder mit Nadine und Tomas auf ihrem Katamaran oder wir nehmen Maxime zur nächsten Boje.
Wir organisieren ein Morgentauchen fürs Dörfli am Tauchplatz "Something Special". Es wird auch ziemlich speziell, denn Speedy Pechvogel (Name der Redaktion bekannt) ist mit von der Partie. Jetzt müssen wir etwas ausholen. Thomas hat beim Fussball-EM-Schauen den Franzosen Jean-Pierre kennengelernt. Dieser ist mit seinem Freund zu Besuch bei dessen Bruder Speedy auf seiner Gib Sea 52. Speedy hat sich dieses unhandliche Monster aus den 80er Jahren für 200'000 Euro andrehen lassen, und nochmals 100'000 investiert. Seither hat er nur Probleme, immer wieder muss er für Reperaturen in Marinas. Noch schlimmer finden wir, dass er diesen Bock nicht alleine segeln kann und deshalb ständig auf der Suche nach Crew ist, am liebsten weiblich. Wobei ihm das Glück auch da nicht wirklich hold ist. Mit seinem Besuch, seinem Bruder und Jean-Pierre segelt er nicht, da er ihnen nichts zutraut. Wir springen ein und segeln einen Tag mit Speedy und seinen Gästen. So kommen die beiden endlich mal von der Boje weg. Zudem laden wir sie für einen Ausflug auf der Maselle ein. Speedy erkennen wir übrigens von Weitem in seinem Dinghi, entweder er fährt mit Vollgas oder er hat eine Panne.
Genau so taucht er. Vollkommen überbleit sinkt er sofort auf 30 Meter Tiefe. Zum Glück hat ihm Gabrielle an der Oberfläche noch rasch die Flasche aufgedreht. Mit seiner GoPro am Stick zappelt er jedem Fisch hinterher und ist bald am Anfang, bald am Schluss der Gruppe zu finden. Nach 20 Minuten hat er seine Flasche leergesaugt, ist aber noch auf 20 Meter Tiefe. Thomas deutet ihm an aufzusteigen, doch da er anscheinend seine Instrumente nicht kennt, nimmt Gabrielle ihn an den Octopus (Zweitschlauch an der Tauchflasche) und steigt mit ihm kontrolliert zur Oberfläche. In drei Minuten saugt er ihre Flasche auch fast leer. Trotz der Hektik entdecken wir zwischen den Steinen einen still dasitzenden Frogfish (Schaukelfisch).
Unser Highlight auf Bonaire ist der geführte Ostrakoden-Nachttauchgang zusammen mit Nadine und Tomas, Suzanne und Sylvain. Ostrakoden sind winzige, sogenannte Muschelkrebse. Drei bis fünf Tage nach Vollmond, 40 bis 45 Minuten nach Sonnenuntergang bieten sie ein wunderbares Spektakel für etwa 20 Minuten. Sie vermehren sich dann, was eigentlich unspektakulär ist, da die Ostrakoden für uns unsichtbar sind und sie ihre Geschlechtszellen ins Wasser abgeben. Diese Zellen steigen vom Sandboden zwischen den Weichkorallen hoch und fluoreszieren. Zu Beginn blinken einzelne Punkte auf, dann tauchen wir durch tausende leuchtende Girlanden. Die Tauchlampen sind ausgeschaltet und wir sind umgeben von einer Mischung aus Sternenhimmel und Christbaumschmuck. Es ist total faszinierend. Nach ein paar Minuten wird das Leuchten schwächer. Ein kurzer Strahl mit der Taschenlampe aktiviert dieses Spektakel von neuem. Sylvain vergleicht das Erlebnis mit dem Baum des Lebens im Film Avatar.
Zudem sehen wir unser erstes Seepferdchen.
Zur Abwechslung machen wir einen eintägigen Kurs mit dem 11fachen Apnoe-Weltmeister Carlos Coste. Wir profitieren sehr von seiner Atemtechnik und dem Druckausgleich nach Frenzel. Zu Beginn gibts Yoga, das hilft immer.
Die Insel ist trocken und dürr, die häufigsten Pflanzen sind Kakteen. Wir mieten einmal Mountainbikes und strampeln uns ohne Schatten durch die Hitze. Ein Erlebnis, das nicht nach Wiederholung schreit. Mit Angela und Reto von She-San mieten wir einen vollklimatisierten Pickup und holpern duch den Nationalpark im Norden. Gabrielle kann endlich ihre Flamingos fotografieren. Den Süden erkunden wir dann per Scooter, zusammen mit Nadine und Tomas.
An unserem letzten Mittwoch in Bonaire organisieren Martin und Ellen ein Schwimmen von der Spice Beach nach Klein Bonaire, die Strecke beträgt etwa zwei Kilometer. Die Nichtschwimmer begleiten uns mit den Dinghis und bringen den Lunch mit. Obwohl wir im letzten Jahr wenig geschwommen sind, erreichen wir als erste Nichtflossenschwimmer das Land.
Gabrielle macht grosse Nähfortschritte dank der Sailrite Nähmaschine von Nadine. Jede Winsch erhält ihr Häubchen und das Vorschiff ein Sonnendach.
Den 1. August feiern wir patriotisch mit der Crew von Seaborne auf She-San. Angela legt sich für die Dekoration mächtig ins Zeugs und schmückt das ganze Schiff rot-weiss. Selbst die roten Amstel Bierdosen erhalten ein Schweizerkreuz.
Uns fällt der Abschied schon etwas schwer, das Dorfleben hat seinen Reiz.
Bevor wir nach Curaçao weitersegeln, fährt Speedy Pechvogel hinter uns durch, allerdings nicht aus eigener Kraft. Er wird in die Marina abgeschleppt: Wasser im Dieseltank, oje.
Die 40 Seemeilen nach Curaçao sind mit achterlichen Winden schnell zurückgelegt.
Für die Einfahrt nach Willemstad müssen wir die Port Authority anfunken. Diese teilt uns mit, wann sich die Swinging Bridge für uns öffnet. Durch das pittoreske Willemstad gelangen wir zur abgelegenen Curaçao Marina im Industriegebiet. Zum Glück sind Fränzi und Pesche schon hier und organisieren uns ein sehr günstiges Mietauto. Maselle erhält eine gründliche und wohlverdiente Ganzkörperdusche. Wir auch.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas