Die zweite Testfahrt mit Helen und Dave auf der GRACE of Longstone verläuft reibungslos. Wir motoren den Adams Creek hoch und segeln auf dem Neuse River. Zurück in der Bock Marine servieren uns die beiden Briten Gin & Tonic mit Essigchips. Sie sind sehr froh, nun zu den Bermudas segeln zu können, denn ihr USA Visum läuft ab.
Wir streichen noch rasch das Cockpit, dann können auch wir los, wenn auch nicht auf eigenem Kiel.
In St. Augustine übernehmen wie eine Lagoon 450, welche nach dem Hurrikan IRMA nach Florida zur Reparatur gebracht wurde und nun zurück nach Tortola in den Charter kommt. Im Gegensatz zu den neuen Katamaranen müssen wir auf diesem Schiff den Herd nicht mit Aluminiumfolie schützen und dürfen das Bordgeschirr benützen. Das Getriebeöl ist grau, das Motorenöl rabenschwarz. Nach dem Oelwechsel wären wir bereit für die Überfahrt, zudem hätten wir ein gutes Wetterfenster. Doch die Werft lässt uns nicht gehen, weil die Reparaturen noch nicht bezahlt sind . Thomas ruft den Eigner an, welcher die Zahlung umgehend tätigt. Nun sind wir ready to go, wenn da nicht der Officer Terry wäre.
St. Augustine ist ein Port of Entry, mit einem einzigen Beamten, Offier Terry. Auf der Werft wünschen sie uns viel Glück, als sie hören, dass wir ausklarieren müssen.
Den ganzen 11. Mai, einen Freitag, versuchen wir Terry zu erreichen. Stündlich rufen wir an, nehmen irgendwann einen Uber an den Flughafen, alles ohne Erfolg.
So sind wir gezwungen einen Abend im wunderschönen Zentrum der ältesten Stadt der USA zu geniessen. Die Spanier waren die Gründerväter, deshalb entscheiden wir uns für Tapas und Sangria auf einer Terrasse im ersten Stock einer Tapaderia und hören Musik. An jeder Ecke wird gespielt und gesungen. Was für ein Unterschied zu unserem ersten Besuch vor einem Jahr, da waren wir an einem Montag Morgen hier.
Am Samstag Mittag haben wir Terry endlich am Telefon. Er erklärt uns ausführlich, dass wir die Schiffspapiere und unsere Pässe mitbringen müssen und verlangt zusätzlich einen Bestätigungsbrief vom Eigner mit einer Kopie seines Ausweises, damit wir mit der Lagoon das Land verlassen dürfen. Wir könnten ja das Schiff stehlen wollen!
Also ruft Thomas den Eigner nochmals an, der auch diese Aufgabe schnell erledigt.
Wir machen einen Termin mit Officer Terry ab und erhalten genaue Instruktionen, wie wir in das Flughafengelände gelangen. Dort angekommen, meldet sich niemand an der Gegensprechanlage. Wir schicken den Taxifahrer weg und warten, versuchens erneut und warten. Nach einer Dreiviertelstunde gibt Terry Antwort und öffnet das Tor. Wir gehen durch, bleiben auf der Strasse stehen, geben Acht, dass uns kein Auto folgt, bis das Tor wieder geschlossen ist. Officer Terry erwartet uns vor seinem Büro und hält uns eine Standpauke. Hier sei ein Sicherheitsgebiet. Wie hätten wir denn ein folgendes Auto zu Fuss stoppen können. Wir sagen nichts und er lässt uns eine weitere Dreiviertelstunde warten. Während des Wartens faltet Gabrielle die Dollarnoten der Ausklarierungsgebühr zu Blümchen. Als die Formalitäten endlich erledigt sind, bezahlt Gabrielle die 19$ und Terry streicht die Noten genervt glatt. Leider darf er uns nicht mit dem Auto zurück zum Tor fahren, da er eine Uniform trägt. Wir gehen zu Fuss zurück zum Tor, er fährt uns hinterher, stellt sich in die Durchfahrt und passt auf, dass kein Auto unerlaubterweise aufs Flughafengelände fährt.
So wird es Sonntag, 13. Mai, bis wir endlich loskommen. Unser gutes Wetterfenster ist weg. Wir wissen, dass wir die ganze Strecke den Wind und die Wellen auf die Nase haben werden. Als Alternative könnten wir über die Bermudas zu den BVIs segeln, da wir aber den Motoren nicht ganz trauen, entscheiden wir uns für die mühsame Strecke entlang der Bahamas und Turks & Caicos, damit wir immer in Landnähe bleiben. Wir motoren die 1232 Seemeilen nach Tortola, verbrutzeln für mehr als 2000$ Diesel. Wir tanken zweimal unterwegs und warten viermal vor Anker, bis der Wind etwas nachlässt.
Zwei Wochen später sind wir in Road Town, Tortola, geben das Schiff ab, nehmen die Fähre nach St. Thomas USVI. Das Gepäck wird wie zu Segelschiffzeiten von Hand aufs Vordeck gehievt. Diesmal fällt nichts ins Wasser und erstaunlicherweise bleibt auch alles während der Überfahrt trocken. Wir fliegen weiter nach Miami.
Manatees sind unser Ziel. Mit dem Mietauto fahren wir durch die Everglades um diese Seekühe zu finden. Wir gehen auf eine Bootstour in den Thousand Islands im Osten Floridas, sehen springende Delfine, leider keine Seekühe. In Fort Myers besuchen wir Katie und Warren, ehemalige Delivery Crew, deren Schiff auf Tortola von Irma zerstört wurde. Nun wohnen sie zur Miete in einem Haus, führen eine Segelschule auf Sanibel Island, wo Manatees leben. Dort bekommen wir sie zu Gesicht, leider strecken sie nur die Nase zum Atmen aus dem Wasser und tauchen gleich wieder unter. Katie schickt uns später ein Video, Manatees lieben Süsswasser. Wenn ihr das Video am Ende des Blogs anschaut, so wisst ihr, was wir und ihr verpasst haben.
Überraschung zurück in der Bock Marine: Erstens ist der Motor eingebaut, zweitens hat sich eine Familie Northern Mocking Birds (nördliche Spottdrossel) im Hängenetz unter dem Solarpanel eingenistet. Die vier Kleinen sind schon geschlüpft und strecken ihre gelben, grossen, gierigen Schnäbel weit in die Höhe über den Nestrand. Die Alten sind über unsere Rückkehr ziemlich aufgeregt, doch wir spannen den Sonnenschutz auf, so sehen sie uns nicht mehr und verlieren mit der Zeit ihre Scheu.
Bis die Jungen flügge sind, können wir nicht einwassern, jetzt haben wir keine Eile mehr. Wir verkabeln den Motor, legen alle Schläuche, schleifen den Copper Coat an, damit das Kupfer schneller oxidiert und im Wasser besser wirkt.
Wir besuchen Matt auf seinem Hausboot auf dem Lake Gaston in North Carolina am zweiten Wochenende im Juni. Mit ihm haben wir Silvester in Great Bridge verbracht. Sein Lebenslauf in Kürze:
16-25 katholischer Mönch, bis 36 Cop, dann schweren Autounfall, bei dem er ein Bein verliert und seither einen Arm nicht mehr richtig gebrauchen kann, Umschulung zum Rechtsanwalt, arbeitet heute als Pflichtverteidiger, schrieb das Buch Tent Revival for Agnostics und drehte einen Kurzfilm mit demselben Titel. Der Ausflug zum See tut uns gut, wir baden, grillieren und entspannen.
Luitgard und Wolfgang haben wir auch in Great Bridge kennengelernt, sie besuchen wir in Columbia NC. Sie hatten für lange Zeit eine Marina, sind nun pensioniert und haben noch eine Halle voll Bootsmaterial. Wir kaufen uns bei ihnen u.a. ein neues Funkgerät. Im Winter leben sie auf ihrem Motorboot Grey Goose in Florida und den Bahamas, im Sommer im Haus in Columbia. In Deutschland haben sie noch ein Segelschiff, eine VILM 118, das sie gerne verkaufen möchten. Falls sich hier und jetzt gerade ein potentieller Käufer unter der geschätzten Leserschaft befindet, kann er gerne mit uns Kontakt aufnehmen.
Aufregung auf der Maselle. Zehn Tage sind seit unserer Rückkehr von Tortola vergangen. Die Spottdrosseln sind nun flügge. Die Mockingbird Eltern piepsen aufgeregt, damit die Jungen das Nest verlassen. Nicht minder aufgeregt geben die Kleinen Antwort. Zurück aus dem Wochenende erwartet uns die erste auf der Leiter zum Schiff. Wir kriegen noch mit, wie die anderen drei aus dem Nest purzeln, über das Deck stolpern und über den Bug ins Motorboot vor uns fallen. Da sind sie vorerst sicher. Die Alten füttern sie noch weiter, nach drei Tagen sind alle weg. Jetzt sind wir frei und lassen Maselle am Freitag, 15. Juni, zurück ins Wasser.
Kenny schnurrt wie ein Kätzchen. Er springt gut an, raucht nicht, spuckt Wasser und ist leise. Wir sind zufrieden mit unserem neuen Yanmar 3GM30F. Jetzt gehts ans Planen und Einkaufen. Das geht gut mit dem Courtesy Car der Marina, den wir für maximal zwei Stunden ausleihen können. Noch besser geht es mit Anna und Reinhard, denn da haben wir das Auto für vier Stunden. Der Weg nach Morehead City verschlingt schon eine halbe Stunde. Die SANCARA, das Schiff der beiden Deutschen, wurde mit einem Motorenschaden in die Bock Marine geschleppt. Sie warten auf Ersatzteile und erledigen in der Zwischenzeit schon lange fällige Wartungsarbeiten. Wir verbringen viel Zeit zusammen und tauschen Karten und Informationen über die US-Ostküste und Kanada aus.
Pot Luck, auf Deutsch Topfglück, nennen die Amerikaner ein geselliges Essen, wo jeder etwas zum gemeinsamen Verzehr mitbringt. Diese Abende sind nun passé, denn Mary und David von ADVENTUROUS haben endlich ihren Watermaker erhalten, gleich die Leinen losgeworfen und sind auf dem Weg zu den Bermudas. Zum Abschied schenken sie uns eine Kanada Gastlandflagge. Douglas segelt morgen nach Nova Scotia. Da bleiben nur noch SANCARA und wir zum kleinen Topfglück in der Marina und auch das nicht mehr für lange.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas