Auf gehts nach Französisch Polynesien.
Schon lange wissen wir, dass wir im Sommer/Herbst einen Katamaran nach Raiatea mit Einklarierungsstopp in Tahiti bringen können. Nun ist es endlich soweit. Vier Katamarane warten auf Crew, ein Leopard 50 für Mike und Shannon, je ein Leopard 45 für Ron und Kathryn, JP und William, und für uns ein Leopard 40.
Am Sonntag, 11. August, fliegen wir von Norfolk nach Martinique. Erneut fasziniert uns die Sicht vom Flugzeug aus auf die Bahamas, auf das türkisblaue Wasser und den weissen Sand. Noch in diesem Monat wird der Hurrikan Dorian vor allem über den Abacos und Grand Bahama wüten und grosse Zerstörung bringen.
Am ersten Morgen gönnen wir uns einen Café mit Croissant, am zweiten, dritten, vierten, fünften und sechsten übrigens auch. Am siebten Tag haben wir alle nötigen Ersatzteile, viel Essen und Trinkwasser an Bord und können los. Die französischen Karibikinseln bieten eine Fülle von Nahrungsmitteln. Wir kommen in den Genuss von französischem Hart- und Weichkäse, Pâté, Baguette, Magret de Canard und vielem mehr.
Beim Stöbern im Grenier du Marin finden wir weitere Maststufen für Maselle, wie schon im 2016. Nun sollten wir den Aufstieg zum Masttop fertigstellen können.
Wir sehen Pottwale und Delfine, Martinique ist noch in Sichtweite. Die Goldmakrelen und Tunas, die wir unterwegs fangen, landen entweder in der Pfanne oder im Tiefkühler als Proviant für den Pazifik. Zusammen mit den beiden 45er legen wir die 1200 Seemeilen zur Shelter Bay Marina bei Colón, Panama, in einer Woche zurück. Mike und Shannon mit dem schnelleren 50er sind ein paar Stunden eher da. Die Marina liegt in den Mangroven, in der Einfahrt schwimmt ein grosses Krokodil vor uns.
Die brandneuen Schiffe zeigen ihre Mängel. Wir haben Glück: Nur ein Impeller muss gewechselt werden und ein grosser Teil der Salondecke fällt runter. Wir geben uns keine Mühe diese zu montieren, denn sie fällt gleich wieder runter und verstauen sie steuerbords. JP (Captain Lucky) muss bei stärkerem Seegang selber steuern, da sein Autopilot unsachgemäss montiert ist und bei grösseren Wellen überfordert ist. Zudem bekommt er über den schlecht abgedichteten Ruderschaft steuerbords Wasser ins Schiff. In Shelter Bay kann er beides provisorisch reparieren. Wir lassen uns eine Notpinne anfertigen, die fehlte auf unserem Schiff.
Was brauchen wir für die Panamakanal Passage?
Unser Agent Stanley (500$) organisiert die Durchfahrt (1077$ für Schiffe bis 50Fuss) und das Cruising Permit (185$). Er bringt uns vier 25 Meter lange Leinen und sechs fette Fender (50$) plus ein zusätzliches 200 Liter Dieselfass (40$). Für den Transport von alldem verlangt er 50$. Ein Kanalinspektor vermisst das Schiff (55$). Wir brauchen offiziell vier Linehandelers, Stanley besorgt uns drei (je 100$), Gabrielle ist die unbezahlbare vierte.
Mit dem Shuttle Bus der Marina fahren wir zum Einkaufszentrum Quatro Altos in Colón, um unsere Frischvorräte aufzustocken. Hier sei es sicher, vom Besuch Colóns hingegen wird uns abgeraten.
Matt kommt, er wird mit uns durch den Kanal fahren. Beim morgendlichen Waldspaziergang sehen wir Kapuzineraffen, die Brüllaffen hören wir nur.
Die Linehandelers Rudi, Kevin und Gabriel kommen an Bord. Gegen Mittag verlassen wir die Marina und ankern gleich um die Ecke in den Flats, am Samstag, den 31. August. Wir warten geschlagene drei Stunden, bis der Advisor Adrian mit dem Lotsenboot gebracht wird. Übrigens, Schiffe über 50Fuss brauchen einen Piloten (Lotsen).
Hinter einem Tanker fahren wir, vertäut im Päckli mit Ron und Kathryn, in die Dreifachschleuse von Gatún. In drei Schritten werden wir ca. 20 Meter auf das Niveau des Lago Gatún gehoben. Gabrielle kocht für alle, gegesssen wird in Etappen zwischen den Schleusen.
Es ist neun Uhr Abends bis wir endlich ausgangs Schleuse an einer Boje im Lago Gatún festmachen. Adrian verlässt uns. Die Linehandelers übernachten im Cockpit und im Salon.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück kommt der Advisor Roy an Bord. Er ist uns nicht sympathisch. Er hängt die ganze Zeit am Handy, stopft sich mit Kuchen voll, frisst den Linehandelers Brot, Schinken und Käse weg und wirft heimlich sein warmes Mittagessen über Bord.
Durch den Stausee Lago Gatún motoren wir rassig 30 Seemeilen um dann an einer Boje lange zu warten. Plötzlich kommt Hektik auf. Der Tanker, mit dem wir in die Schleuse müssen, fährt an uns vorbei. Wer hat da gepennt? Mit Vollgas überholen wir ihn und rasen zu der Doppelschleuse Pedro Miguel, denn auf dem Weg runter müssen wir vor dem grossen Schiff in der Schleuse sein. Nach der folgenden Einfachschleuse Miraflores sind wir im Pazifik. Glücklicherweise verlässt uns Roy sofort. Wir machen an einer Boje des Club Nautico von Balboa, in der Nähe von Panama City, fest. Das Wassertaxi bringt Rudi, den seekranken Kevin, Gabriel und Matt an Land. Zum Glück hat Kevin einen Hauptberuf auf festem Boden, er ist Profifussballer, denn schon die kleinsten Wellen eines Tankers liessen ihn sich über die Reeling beugen.
Rogelio nimmt uns alle mit seinem Kleinbus auf eine Panama City Tour.
Wir sehen eine Bank, eine Apotheke, ein Bau- und Hobbycenter, einen Gemüse- und Früchtemarkt, einen Supermarkt und einen Dieselmotor Ersatzteilhändler. Nach sechs Stunden bringen wir unsere Einkäufe zwischen zwei Gewittern trocken an Bord, es ist Regenzeit in Panama.
An der Boje wird Captain Lucky von einem wegfahrenden Segelschiff touchiert, das ohne anzuhalten einfach weiterfährt. Wir funken es an und sind schon bereit die Verfolgung aufzunehmen, da dreht sein Kapitän um und regelt die Angelegenheit. JP's Boot hat zwar nur ein paar kleine Kratzer im Bugbereich abgekriegt, doch er muss sich absichern.
Stanley gibt uns die Schiffspapiere zurück, die Pässe sind abgestempelt, wir verlassen Panama am Mittwoch, den 4. September, vollgetankt und mit zusätzlich tausend Liter Diesel in fünf Fässern an Bord.
Die ersten 700 Seemeilen bis Höhe Galapagos Inseln motoren wir gegen Wind, Wellen und Strom. In der Bucht von Panama müssen wir noch auf die Grossschifffahrt und Fischer aufpassen. Am ersten Tag sehen wir springende Buckelwale, am zweiten fangen wir unseren ersten Pazifikfisch, ein Gelbflossen-Tuna und kurz darauf versucht sich ein Blaustreifen-Marlin springend von der Angelleine zu befreien. Zum Glück gelingt es ihm.
Nach fünf Tagen erreichen wir den Äquatorialstrom und der Wind dreht so, dass wir segeln können, und zwar schnell. Unsere Etmale betragen zwischen 160 und 204 Seemeilen.
Unser Katamaran segelt nur gut, wenn der scheinbare Wind zwischen 60° und 120° einfällt.
Da der Traveller fehlt und die beiden Grossschoten vom Baumende über je einen Block backbords und steuerbords auf dem Dach im Heckbereich geführt werden, kann das Grosssegel schlecht getrimmt werden. Je nach Wellengang wird deshalb der Baum auf und ab und hin und her geschlagen. Das Segel leidet. Wir binden eine Talje um den Baum und fixieren diese auf der Heckklampe. Die Holepunktschiene der Fock ist auch auf dem Dach montiert. Um das Vorsegel weiter zu öffnen, führen wir die Schot über einen Block, den wir an der Mittelklampe festmachen.
Komische Lichter auf dem Wasser irritieren uns. Eine ganze Nacht lang segeln wir im Norden der Galapagos Inseln zick zack um beleuchtete Bojen von Fischernetzen. Da wir nicht erkennen können, welche Bojen und Netze zusammengehören, machen wir manche Meilen mehr als wohl nötig wären. Captain Lucky fängt eine unbeleuchtete Boje ein, sie hängt am Ruder. Er kann die grüne Leine vom Schiff aus abschneiden.
Auch Ron's Schiff macht Kapriolen. Seine Innenbeleuchtung geht spontan an und aus, wie in einer Disco. Zudem sinkt seine Batteriespannung schnell unter 12 Volt. Er findet die Ursache nicht und muss den Motor regelmässig laufen lassen.
JP entdeckt einen Riss in der Aluplatte, auf welcher der Autopilot montiert ist. Um die Belastung auf das Steuersystem bei starkem Wellengang zu reduzieren, segelt er mit geringerer Segelfläche als möglich wäre.
Jeden Morgen beim Rundgang ums Schiff werfen wir einige fliegende Fische und Kalamare vom Deck zurück ins Meer. Ansonsten vertreiben wir uns die Zeit mit lesen, Sudokus lösen, pfeiffen und trommeln, essen und schlafen.
Je mehr wir uns dem Äquator nähern, desto kälter wird es. Der Himmel ist so grau wie am Bielersee im November. Nachts brauchen wir warme Kleider. Südwinde bringen kühle und sehr feuchte Luft von der winterlichen Südhalbkugel. Wie wir durch die windlosen Doldrums motoren ist es immer noch bedeckt. Nach 2104 Seemeilen, 13 Tage auf See, überqueren wir abends um acht Uhr Bordzeit bei 110° 50'W den Äquator. Wir sehen ihn nicht, denn es ist schon dunkel.
Das Wetter wir freundlicher, die Passatwinde setzen sich immer stärker durch, je weiter wir in den Süden gelangen.
Damit wir nach der Nachtwache nicht zu lange auf die Morgendämmerung warten müssen, stellen wir jede Woche die Uhr eine Stunde zurück.
Drei Wochen sehen wir kein einziges Schiff, ausser die anderen beiden Katamarane.
So lange reicht auch unser Vorrat an Früchten und frischem Gemüse. Täglich essen wir eine Ananas oder eine Wassermelone, später Mangos, dann bleiben uns noch Äpfel. Frisch sind jetzt einzig die Fische, die wir fangen.
Die obersten zwei Mastrutscher des Grosssegels brechen. Wir ersetzen sie durch die beiden untersten. Nun segeln wir nur noch im zweiten Reff.
Auf dem 50er bricht der Traveller. Mike und Shannon können auf den letzten 500 Seemeilen das Grosssegel gar nicht mehr setzen und motoren das letzte Stück nach Tahiti mit einem Motor. Der andere ist seit Panama unbrauchbar, weil Seewasser ins Getriebe gelangt und sich mit dem Öl mischt.
Solche Dinge geschehen halt auf Booten, die fürs Tagessegeln im Charterbereich konstruiert und nun einer Ozeanüberquerung ausgesetzt sind.
98% auf Steurebordbug
Auf Höhe der Tuamotus wechseln wir das erste Mal seit Martinique auf Backbordbug und halsen nach 120 Seemeilen wieder zurück auf Steuerbordbug.
Die letzten 24 Stunden vor Tahiti bläst es mit sechs Beaufort. Das Wasser ist nicht mehr so tief und die Strömungen zwischen den Inseln bewirken, dass sich die Wellen hoch und steil auftürmen. Wir werden unangenehm durchgeschüttelt, dafür surfen wir mit bis zu 13 Knoten die Wellen runter.
Nach 29 Tagen und 18 Stunden oder 4620 Seemeilen seit Panama, legen wir morgens um sieben Uhr am Zollsteg von Papeete in Tahiti an.
Iaorana, guten Tag, Papeete
Wenig Südseeflair auf der Perleninsel, die Strassen der Hauptstadt der Gesellschaftsinseln sind mit Autos vollgestopft, alles wirkt leicht schäbig. Viele Obdachlose leben auf der Strasse. Fürs Einklarieren müssen wir zum Flughafen. Kein Problem für uns Schweizer, den Franzosen JP und die Britin Kathryn, doch die beiden Amerikaner müssen einen gebuchten Flug ausser Landes vorweisen oder ein Depot in der Höhe eines Flugpreises hinterlegen.
Auf dem Markt kaufen wir frische Früchte und natürlich Perlen.
Nach vier Tagen sind alle Schiffe immer noch namenlos, nun aber verzollt und wir setzen in einem Nachtschlag die letzten 120 Seemeilen nach Raiatea rüber.
Von Raiatea, früher Hava II, segelten die Ma'ori über den Pazifik zu den Osterinseln, nach Hawaii und Neuseeland. Die Ma'ohi blieben und bauten über die Jahre eine grosse zentrale Kultstätte, Marae Taputapuatea, seit 2017 Anwärter für das UNESCO Weltkulturerbe.
Mit dem Scooter fahren wir auf jeder Strasse, umrunden in einem Tag zweimal die üppig grüne Insel. Auf dem Markt in Uturoa degustieren wir Papaya, Mango, Sternapfel, Taro, marron polynésien und viele tropische Früchte mehr, die wir noch nicht kennen.
Die Seeleute auf der Bounty meuterten, als Captain Bligh den Anker lichten liess. Wir würden auch gerne etwas länger bleiben.
Liebe Grüsse von der B1185
Gabrielle und Thomas