Thanksgiving (28. November) ohne Familie und Freunde zu feiern ist für die Amerikaner unvorstellbar. Tammy und Miki von der Bucksport Marina laden uns ein. Typisch amerikanisch gibt es Truthahn, hier im Süden wird er während Stunden im Erdnussöl frittiert. Dazu gibt es viele salzige und süsse Beilagen. Das Beisammensein verläuft eher unamerikanisch. Es läuft kein Fernseher (weil das Kabel zu kurz ist), die Erwachsenen sitzen, essen und reden zusammen, die Kinder und Jugendlichen rennen herum, spielen, versuchen sich in akrobatischen Kunststücken und kämpflen.
Als wir die Runde verlassen, bekommen wir Proviant für die nächsten Tage mit.
Wir treffen Kathryn und Ron in Fort Lauderdale und fliegen gemeinsam nach Road Town, Tortola. Wir wurden angewiesen, schon am 30. November auf den Schiffen zu sein, da in der Moorings Basis Platzmangel herrsche. Bei unserer Ankunft sehen wir, dass die Katamarane noch nicht geriggt sind, die Segel nicht angeschlagen, die Blöcke nicht montiert und die Reelingsdrähte nicht eingezogen sind. Wir können auf unser Schiff, Kathryn und Ron müssen die erste Nacht bei uns bleiben, da ihr Bootsschlüssel fehlt. Nach drei Tagen warten kommt einem Verantwortlichen plötzlich in den Sinn, dass eine weitere Bootsladung in Kürze eintrifft und der Platz in der Marina noch knapper wird.
Nun geht alles sehr schnell und bald schon segeln wir los nach Nassau, denn Marsh Harbour auf den Abacos gibt es nach dem Hurrikan Dorian nicht mehr. Alle Angestellten der dortigen Moorings Basis haben überlebt und arbeiten jetzt in der Palm Cay Marina in Nassau. Der Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen erzählt uns, dass seine Grossmutter ertrank und dass immer noch Leichen gefunden werden.
Gerade rechtzeitig zur Christmas Parade in Conway am 14. Dezember sind wir zurück.
Die Hälfte der Einwohner spannt ein Fahrzeug vor einen Anhänger, dekoriert diesen, stellt ein paar winkende Leute drauf und fährt die Strassen hoch und runter und wirbt für sein Geschäft. Die andere Hälfte steht am Strassenrand und winkt zurück. Wir hängen noch einen Museumsbesuch dran, am besten gefällt uns die Dauerwellen Apparatur.
Eigentlich möchten wir weiter in den Süden, doch die nächste Delivery wartet schon auf uns und so beschliessen wir, Maselle hier in der sicheren Marina zu lassen.
Wir haben die super Idee, den letzten natürlichen Auenwald der Ostküste, den Congaree National Forest, nach zwei ergiebigen Regentagen zu bewandern. Anfänglich meistern wir die überschwemmten Wege auf den Zehenspitzen, doch schon bald reicht das Wasser bis zu den Knöcheln, bald auch höher. Öfters müssen wir umkehren und einen neuen Weg suchen. Die Schuhe und Socken werden pflotschnass, wir hängen sie abends über Maselles Ofen auf. Erstaunlicherweise waren wir den ganzen Tag alleine im Wald unterwegs.
Cypress knee heissen die Wurzelzwerge, die überall aus dem Sumpf ragen. Man kennt ihre genaue Funktion nicht. Wahrscheinlich versorgen sie die darunter liegenden Wurzeln mit Sauerstoff und nehmen eine verankernde Stützfunktion ein.
Gabrielle wollte schon immer mal in den Smokey Mountains wandern.
Wir buchen ein Zimmer in Asheville. Auf dem Weg in den Westen von North Carolina erfahren wir, dass die Strassen zu und in den Smokey Mountains geschlossen sind. Sie sind vereist und im Nationalpark wird nicht gesalzen. Wir weichen in den Dupont State Forest mit seinen berühmten Wasserfällen aus. Wer als erstes herausfindet, welche Filme an den Hooker Falls und Bridal Veil Falls gedreht wurden, bekommt eine Leopard Baseball Cap.
Weihnachten verbringen wir in Florida mit Luitgard und Wolfgang. Wir leihen uns Fahrräder und sind seit langem wieder mal auf Velowegen unterwegs.
Die beiden Linkshänder Thomas und Ron feiern ihren gemeinsamen Geburtstag in Key Largo.
Am letzten Tag im alten Jahr fliegen wir nach Tortola.
Diesmal ist unser Schiff parat, doch es steht nicht wie üblich in der Moorings Basis, sondern in der drei Seemeilen entfernten Hodges Creek Marina. Unser Leopard 40 steht alleine abgeschlossen da, ein Schlüssel ist unauffindbar, die Marina wirkt verlassen, kein Mensch weit und breit, einzig ein Fischer. Er gibt uns Wasser zum Trinken. Glücklicherweise haben wir die elektronischen Seekarten auf dem Tablet, denn die Hafenausfahrt führt durch ein Riff. Zum Glück ist es noch hell und die Motorenbatterien sind nicht ausgeschaltet, so dass wir es noch vor Einbruch der Dunkelheit in die Moorings Marina schaffen. Andy vom Leopard Power Cat 43 nebenan kann mit seinem Schlüssel unsere Schiebetüre öffnen und Katie wartet mit frischer Bettwäsche auf uns. Wir rutschen tief schlafend ins 2020.
Das neue Jahr fängt gut an.
Die Landstromkabel fehlen auf unserem Schiff, deshalb läuft vermehrt der Generator. Da jedoch die beiden Dieseltanks fast leer sind, müssen wir an den Dieselsteg. Dort steht ein halb volles Fass, welches wir sofort an Bord hieven, denn Fässer sind Mangelware auf der Insel. Wir füllen auch dieses mit Diesel. Reserve ist immer gut. Beim Wegfahren verheddert sich eine Leine um die Backbordschraube. Thomas muss ins Hafenwassser. Erst jetzt testen wir den Diesel im Fass. Das hätten wir vor dem Auffüllen tun sollen, eine ölige Brühe kommt zum Vorschein. Mit Warrens Hilfe rollen wir das 200Liter Fass über zwei Holzlatten vom Heck aus auf den Steg.
Im Rite Way verschüttet die Kassiererin Fensterreiniger über unseren Grosseinkauf. Salat und Mehl schmecken nun nicht mehr so gut, wir tauschen aus.
Der Wind ist gut, doch das Wetterfenster ist knapp.
Am 2. Januar legen wir los. Nach drei Tagen ankern wir geschützt in der Abraham`s Bay in Mayaguana, denn eine kleine Kaltfront zieht nachts durch.
Ganz viele Seesterne laden zum schnorcheln ein. Gabrielle taucht einen hoch für ein Foto. Wer dies auch tun möchte, bedenke Folgendes. Seesterne füllen sich an der Wasseroberfläche mit Luft. Man muss sie so lange unter Wasser halten, bis wieder alle Luft entwichen ist. Sonst treiben sie auf der Wasseroberfläche und werden von den Sonnenstrahlen getötet. Eventuell muss man sie auf dem Meeresgrund noch zusätzlich mit einem Steinchen beschweren.
Am Morgen funken uns Katie und Warren an, sie möchten unsere Ölabsaugpumpe ausleihen. Wir haben ja neue Schiffe mit neuen Motoren, die wir einfahren. Nach 50 Stunden ist der erste Ölwechsel fällig. Ohne Dinghy erfolgt die Übergabe mit einem Bootshaken vom Bug zum Heck.
Da wir kein Fass haben, müssen wir in Staniel Cay, Exumas, tanken.
Nun geben wir Gas, denn eine böse Front naht. Mit gesetzten Segel und beiden Motoren auf 2500RPM heizen wir über die Exuma Bank, dann durch die Tongue of the Ocean, über die Great Bahama Bank zu den Biminis.
Strom und achterliche Winde bis 7 Beaufort ergeben einen lustigen Ritt, mit Spitzen von 17 Knoten in den Surfs, über den Golfstrom nach Fort Lauderdale. Wir sind froh, das Schiff gut abgeben zu können, denn nun dreht der Wind noch mehr auf.
Zurück in Conway müssen wir realisieren, dass wir es nicht schaffen Maselle nach Florida zu bringen, bevor wir am 21. Januar in die Schweiz fliegen. Der Winter mit seinen Stürmen lässt uns nicht in den Süden. Etwas Gutes hat die Südlage. Bei 24°C tagsüber ist Frühlingsputz angesagt. Wir nutzen die Gelegenheit und entrümpeln kräftig.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas