Eine Nordhavn 76 liegt vor uns in St. Peter's, im Bras d'Or Lake, an der Boje. Die Besitzer der grossen, amerikanischen Motoryacht steigen in ihr Dinghy und kommen zu uns rüber: „Grüezi mitenand“. Beatrice und Bruno sind vor Jahren ausgewandert, haben den amerikanischen Traum verwirklicht und ein Vermögen verdient. Sie laden uns zum Apero auf ihre TRIXIE ein, Schiffsbesichtigung inklusive. In ihrem Motorenraum könnten wir Maselle ohne Mast problemlos verstauen. Von den vielen Kabinen, Badezimmern und Kühltruhen wollen wir gar nichts erzählen. Bruno ist ein passionierter Fischer und schenkt uns einen Köder aus Zedernholz. Er lehrt uns, dass der erfolgreiche Fischer keine Bananen an Bord haben darf, und falls doch mal Bananen da waren, müssen diese mit Fish & Chips neutralisiert werden. Erst dann kommt der Zedernholzköder mit Fanggarantie zum Einsatz.
Ginger und Peter aus Seattle sind im letzten Jahr über die Nordwestpassage nach Osten gekommen. Bei Chapel Island verbringen wir den Abend mit ihnen auf ihrer Ketsch IRENE. Sie wollen den Atlantik überqueren und den Winter in England verbringen. Wir empfehlen ihnen Frankreich, denn das Essen ist besser und der Wein ist gut, zudem regnet es etwas weniger. Wir zeigen ihnen all die schönen Orte auf der Karte, die wir mit GatoRali und Maselle besucht haben, das überzeugt sie. Wir hingegen sind noch nicht ganz von der Nordwestpassage überzeugt. Ihr Dinghy gefällt uns sehr, doch wüssten wir nicht, wo es an Deck zu verstauen.
Am nächsten Morgen holen wir unsere ersten Miesmuscheln vom Strand.
Eine Fliegenklatsche pro Person braucht es im Lac Bras d'Or. Weht kein Wind, belästigen uns Bremsen den ganzen Tag. Mücken kommen erst kurz vor Sonnenuntergang, Anti Brumm und Moskito Coils helfen gegen beide Plaggeister. Wie in Europa ist dieser Sommer sehr heiss, zumindest für die Einheimischen. Wir werden gebräunt und wagen immer wieder einen Sprung ins Wasser.
Wir segeln am Freitag, den 27. Juli, nach Baddeck, eine kleine Touristenoase mit Charme. Hier entgiften wir uns endlich vom früheren Bananenkonsum mit Fish&Chips. Mit Stephanie und Drew trinken wir ein Glas Wein, bevor sie mit dem Mietauto und Fähre Neufundland bereisen.
Das Bell Museum ist Pflicht. Alexander Graham Bell wohnte und wirkte in Baddeck. Er erfand u.a. das Telefon, konstruierte mit einem Team das erste Flugzeug in Kanada und entwickelte und baute das erste Hydrofoil Wasserfahrzeug.
Mit Anna und Reinhard wollen wir ein Auto mieten um den Cabot Trail auf Cape Breton abzufahren und etwas zu wandern. Leider ist dies in Baddeck ein Ding der Unmöglichkeit. Nach langer Suche finden wir einen Wagen ab dem vierten August für drei Tage in Port Hawksbury, an der Südwestecke von Cape Breton. Bis dahin bleibt uns noch eine Woche.
Drei Tage segeln wir mit SANCARA zurück nach St. Peter's und ankern jeden Abend in einer schönen Bucht, im Washabuck River, im Maskells Harbour und hinter Pellier Island im Big Harbour.
Während der zehn Tage im Bras d'Or Lake haben wir keinen Nebel, nur ab und zu sehen wir ein Nebelband am Horizont. Es regnet einmal kurz, sonst scheint immer die Sonne. Die Winde sind thermisch und stellen nachts oft ganz ab. Wir könnten glatt vergessen, dass wir auf einem Schiff schlafen, denn nachts ist das Wasser spiegelglatt.
Wir ziehen alleine weiter zur Isle Madame. Die Isle Madame liegt zwischen Cape Breton und Nova Scotia. Wir sind total fasziniert von der Natur und der Einsamkeit. In den vielen verwinkelten Buchten treffen wir auf keine einzige Yacht, an den Ufern hat es selten Häuser. Seit Halifax benützen wir unser Kajak Mathilda als Dinghy. Sobald wir geankert sind, schmeissen wir sie ins Wasser und gehen mit ihr auf Erkundungstouren.
So auch in The Goulet. Wir beobachten eine Fischotterfamilie und kommen mit Mies- und Klammmuscheln für zwei Nachtessen zurück.
Bei Crichton Island wirkt der Zauber endlich, wir fangen eine grosse Makrele, und mit deren Resten einen Hummer im selbtstgebastelten Hummerkorb. Auf der Insel selbst sammeln wir Pfifferlinge en masse.
Im Little Basin angelt Thomas eine kleine Makrele. Dieser Köder lockt viele kleine Krabben und drei grosse Taschenkrebse in den Korb. Die Krabben werden freigelassen, die Taschenkrebse von Gabrielle zu Rillette verarbeitet. Beim Paddeln finden wir riesige, fette Austern in einer Flussmündung. Wie alle anderen Muscheln auch, kochen wir die Austern. Wir wollen sie nicht roh essen. Gekocht lösen sie sich leicht aus der Schale und sind in wenig Mehl und Olivenöl angebraten ein Leckerbissen.
Meistens weht der Wind aus Südwesten, ausser am 3. August, da weht er aus Nordwesten. Wir segeln von der Isle Madame nach Port Hawksbury in der Strait of Canso nach Nordwesten. Im Kanal verstärkt sich der Wind und das Aufkreuzen macht richtig Spass. Wieder einmal mehr sind wir froh ein Schiff zu haben, das gut Höhe läuft.
Mit Anna und Reinhard sind wir ab Samstag zu viert für drei Tage auf vier Rädern unterwegs.
Louisbourg, unser erstes Ziel mit dem Mietauto, liegt an der Ostküste von Cape Breton. Diese Forteresse (befestigte Stadt) war ein wichtiger französischer Stützpunkt in Kanada. 1745 zum ersten Mal von den Engländern erobert, 1748 aufgrund von Verträgen wieder zurück gegeben, wurde die Stadt 1758 nach der zweiten englischen Eroberung geschleift. Ab den 1960er Jahren hat die kanadische Regierung ein enormes Projekt lanciert. Nach archäologischen und historischen Voruntersuchungen wurde Louisbourg nach alten Plänen als Museum wieder aufgebaut.
Das gab vielen arbeitslosen Begleuten und später auch Fischern einen neuen Verdienst.
Szenen aus alter Zeit werden von Kostümierten nachgestellt. Hausdiener, Soldaten, Kaufleute erzählen vom damaligen Leben. Wer will, kann eine Kanone oder eine Muskete abfeuern oder darf prisoner of the day sein. Allerdings kostet das viele Kanadische Dollar, unsere Louis d'Or werden nicht angenommen, obwohl Thomas letzteres Gabrielle sehr gerne zum Geburtstag geschenkt hätte.
In Glace Bay verpassen wir leider die letzte Fahrt in die Tiefe des 1979 nach einer Explosion stillgelegten Kohlebergwerks. Der Ausstellungsraum und das beeindruckende Video entschädigen uns etwas. Bis vor kurzer Zeit hatten die Männer Nova Scotias zwei Berufsmöglichkeiten: Bergmann oder Fischer, beides hart und gefährlich.
Den 300 km langen Cabot Trail fährt man mit dem Auto ab.Wir brauchen dafür den zweitenTag. Wir machen immer wieder einen Fotostopp und bewandern den Skyline Trail, Dieser soll schöne Aussichten bieten, wenn es keinen Nebel hätte. Die Elche sehen wir auch nicht. Später am Tag wird das Wetter doch noch schön. Es gefällt uns mit und ohne Nebel, die Fahrt hat sich gelohnt.
Am dritten Tag picken wir ein paar Rosinen. Gabrielle steigt mit Anna und Reinhard den steilen Weg zu den Egypt Falls runter und alle baden unter dem erfrischenden Wasserfall. Thomas schläft derweilen im Auto. Er hat seit langem wieder mal einen Kranktag eingezogen. Weiter geht es zum Makaree River, dem letzten Fluss in Nova Scotia, wo noch Lachse laichen. Für 170 CND im Jahr darf man hier fischen, jedoch muss der Lachs sofort wieder freigelassen werden. In der Lachsaufzucht sehen wir Lachse in verschiedenen Stadien, nebenan im Fluss sehen wir sie tatsächlich auch in Natura.
In Port Hawksbury gehen wir für ein paar Stunden an den Dieselsteg. Das ist möglich, weil selten ein Cruiser hier vorbeikommt. Wir können gratis und warm duschen, Wäsche waschen und trocknen für je 1.25 CND (ein Loonie und ein Quarter) die Maschine, füllen unsere Diesel- und Wassertänke und reinigen Maselle gründlich mit Süsswasser.
Auf dem Rückweg in den Süden besuchen wir Isle Madame nochmals. Sie beschenkt uns nach einer schönen, langen Kajakfahrt mit Austern, Pfifferlingen und Klammmuscheln.
Bei Canso, Nova Scotia, liegt die Insel Grassy. Die paar alten englischen Ruinen interessieren uns nicht, dafür die wilden Stachel- und Himbeeren. Diese geben uns glatt vier Gläser Confiture. Canso war früher eine grosse, belebte Stadt, die vom Dorschfang lebte. Heute bietet ausser einem kleinen Museum und einem Fish&Chips Restaurant mit WiFi nicht viel.
Schon nach einem Tag segeln, an unserem Ankerplatz in Port Howe, macht sich der Restaurantbesuch bezahlt. Thomas fängt schnell unser Nachtessen.
Am Morgen wollen wir den Anker unter Segel hochziehen, doch da hängt zu viel Kelb dran, bis zu fünf Meter lang. Mit dem Bootshaken befreien wir uns, um dann wirklich einen vollen Tag mit gutem Wind der Küste entlang aufzukreuzen, mit Pete am Steuer. Als wir dann am Abend im Fluss zum Mount Misery, gegen die Sonne segeln, sind wir froh um unser Crewmitglied, denn die Fahrt ins Gegenlicht erfordert unsere volle Konzentration. GRACE hatte uns diesen Ort als walk to a swimminghole empfohlen. In drei Minuten sind wir bei der kalten Pfütze, und die Pfifferlinge am Wegrand sind auch nichts wert.
Im Cub Basin bei Roost Island bleiben wir zwei Tage. Regen und Nebel hüllen uns ein. Wir malen eine Kartenskizze, ziehen die Neoprenanzüge und -socken an, packen GPS, Funkgerät und Kompass ein und paddeln mit Mathilda los. Zwischen den Granitinselchen lichtet sich der Nebel immer mal wieder und gibt die Sicht auf die atemberaubende Landschaft frei. Und natürlich suchen wir Muscheln und finden grosse Miesmuscheln. Kormorane, Seehunde und Schweinswale jagen rund um Maselle, also fischen wir auch, mit Erfolg.
Zu Gabrielles Geburtstag schaffen wir es nach Lunenburg. Das pittoreske Städtli gehört zum UNESCO Weltkulturerbe, mit entsprechend vielen Touristen, Restaurants, Souvenirläden und Ausflugsbooten. Heute essen wir auswärts. Unsere Wahl fällt auf ein Restauran mit Balkon und schönem Blick auf den Hafen. Leider kann das Essen mit dem Blick nicht mithalten. Fürs Dessert ziehen wir weiter und finden im Beach Pea einen köstlichen Lemon Custard.
Im Hafen werden Wale- und Birdwatchingtouren angeboten. Auf der nahegelegenen Pearl Island soll es Papageientaucher geben. Da segeln wir hin, umrunden die Insel und sehen viele Kormorane, Seehunde, Basstölpel, Möwen, einige Zwergtaucher und keine Papageientaucher. Vielleicht sind wir zu spät im Jahr dran. Die Papageientaucher haben fertig gebrütet und sind weiter gezogen.
Abends nehmen wir die schmale Tanner Pass zu einem idyllischen Ankerplatz .
Am Morgen rudert der 73-jährige Lee in seiner selbstgebauten Dory zu uns. Er erkennt uns, da wir ihn in seinem Segelschiff beim Verlassen von Lunenburg gnadenlos stehen gelassen haben. Er ist erleichtert als er erfährt, dass Maselle einiges grösser ist als seine WING und mehr Tiefgang hat. Er lädt uns zum Kaffee ein in seinem malerischen Häuschen am Ufer, da treffen wir auch seinen 80-jährigen Freund André. Als der Wind stärker wird, rudert André mit dem Dinghy zu seinem kleinen Segelboot, zieht den Anker von Hand hoch und segelt heim. Abends kommt Lee zum Nachtessen. Er geniesst das Cruiserfeeling bei uns. Vor Jahren war er selber mit Frau und Kindern unterwegs. Wir helfen ihm mit der modernen Technik und laden erlektronische Seekarten auf sein Handy.
Die Einfahrt zu Bell Island ist untief, zum Glück gut betonnt. Wir besuchen das kleine Fischermuseum. Auf wenig Raum wird vielseitig und interessant ausgestellt. Wie so oft in Nova Scotia ist der Eintritt frei, Spenden sind willkommen.
In Lockeport ankern wir gerade bei Ebbe am Nordende der Bucht vor Clam Island. Nichts wie hin an den Strand. Nach kurzer Suche finden wir die charakteristischen Löcher im sandigen Kies und graben unser Nachtessen frei, Klammmuscheln. Wir kommen ins Gespräch mit Algenfischern. Mit langen Rechen holen sie von Hand das Rock Weed auf ihr Boot. Für eine Tonne bekommen sie nicht mal 50 Dollar, eine Knochenarbeit. Die Algen werden gepresst und getrocknet nach Dänemark verschifft und zu Gelatine verarbeitet. Wenn wir in Zukunft Glace essen, denken wir an diese Männer.
Shelburne ist eine kleine Klimaoase. Das Wasser ist wärmer und die Sonne scheint öfters als sonstwo an der Ostküste Nova Scotias. Gabrielle wäscht ohne zu jammern ihre Haare im 18-grädigen Wasser. In den anderen Buchten erreichte das Meer nur eine Temperatur von 14° C.
Die Sonne scheint und es wird richtig warm, die relative Luftfeuchtigkeit sinkt unter 60%. Wir machen Frühlingsputz, legen Polster, Bücher, Kissen und Decken auf Deck, damit alles richtig trocken wird.
Am Donnerstag sind wir am Konzert, am Freitag Abend bei Annette und David zum BBQ eingeladen. Ihre Freundinnen Gale und Daphne sind auch dabei. Am Samstagmorgen kaufen wir Früchte auf dem Farmers Market ein und schenken unser altes Funkgerät dem Museum.
Die Überfahrt in die USA ist ruhig und doch lauter als geplant. Der angesagte Wind bleibt aus und wir motoren viel. Bei Noody Island kommt ein Schlauchboot auf uns zu. Es sind Ornithologen. Sie teilen uns mit, dass auf der Insel Hunderte von Papageintaucher seien. Wir fahren nahe an die Insel ran und sehen von diesen Hunderten nur ein Dutzend, aber immerhin.
Der Landfall in Maine ist nervig. Die letzten 16 Seemeilen fahren wir im Zick Zack um die endlos vielen Hummerkörbe. Wir wurden gewarnt, doch so eine Anhäufung haben wir nicht erwartet. Zum Glück ist es hell und hat keinen Nebel.
Am Town Dock von Bar Harbour warten wir am 27. August drei Stunden auf den Zollbeamten. Der Beamte kommt nicht mal an Bord, erledigt den Papierkram in zwei Minuten, stempelt unsere Pässe. Das Formular fürs Cruising Permit hat er nicht dabei, wir sollen morgen im Office anrufen. Nun ist es schon dunkel und wir nehmen eine Boje im Hafen.
Am nächsten Morgen in der Früh segeln wir nach Southwest Harbour. Die Spiessrutenfahrt durchs endlose Bojenfeld der Lobsterfischer meistern wir wie zu unserer Zeit als Segellehrer, wo Bojenumrunden zum Schulungsprogramm gehörte.
Am Telefon erhalten wir problemlos die Nummer unseres neuen Cruising Permits. So sind wir, wie der Amerikaner sagt, all set.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas
P.S. Ihr findet unsere aktuelle Position jederzeit auf unserer Homepage Seite Wo sind wir/Find us.
P.P.S. Falls ihr den Weg ins wunderschöne Nova Scotia findet, empfehlen wir euch herzlichst Shelburne Harbourside Cottages von unseren Freunden Annette und David Williams.