Wir ankern in Soper's Hole, Tortola auf den British Virgin Islands und kümmern uns um unsere Einreise in die USA. Per Internet gelangen wir zum ESTA Visum. Jetzt müssen wir nur noch die Fähre nach Cruz Bay auf St. John in den US Virgins nehmen um den US Stempel in den Pass zu bekommen. Direkt mit Masselle rübersegeln dürfen wir nicht, der Grund dafür bleibt uns verschlossen.
Nun treffen wir auf die moderne Piraterie. Für eine 30minütige Überfahrt bezahlen wir einen Preis, der die Basler Personenschiffahrtgesellschaft als Billiglinie erscheinen lässt. Hinzu kommen Security Fees und eine Abgabe, welche garantieren soll dass, die Fährverbindung günstig und das Personal freundlich bleiben … Der kleine Giftzwerg, der die Passagiere auf die Fähre und von der Fähre hetzt, dazwischen schläft, weiss davon wohl nichts. Auf den BVI's haben wir den Eindruck, dass wir jeden Beamten in Uniform beim TV-Schauen, beim Natelchat oder beim Essen stören. Ganz anders auf den US Virgins: Nachdem alle zehn Fingerspitzen und die Iris gescannt sind, lächelt uns der Beamte an, heisst uns willkommen und wünscht uns einen angenehmen Aufenthalt.
Mit Maselle dürfen wir nun in die US Virgins und umrunden in mehreren Etappen die Insel St. John. Da praktisch die ganze Insel ein Naturschutzgebiet ist, sind überall Bojen ausgelegt. Tagsüber kosten sie nichts, wer übernachten will, bezahlt eine Gebühr. Abends suchen wir jeweils eine ruhige Bucht und ankern ausserhalb des Naturschutzgebietes. Wir schnorcheln in den Mangroven und treffen viele unserer Untewasserfreunde im Kleinformat. Das flachgründige und warme Wasser sind der Kindergarten für die Fische. Bei Watermelon Cay hat es starke Strömung mit vielen grossen Fischen. Wir fliegen über Snappers, Barrakudas, Tarpuns, Grunzer und sehen Schildkröten mit Schiffshaltern, Ammenhaie und begegnen endlich einem Riffhai.
Für unsere Weiterreise zu den Bahamas brauchen wir noch Proviant und Seekarten. In Charlotte Amalie auf St. Thomas finden wir beides. Die Strecken am Ankerplatz sind relativ weit, deshalb fordern wir wieder mal den Aussenborder. Das Anlasskabel reisst, wir flicken es, es reisst wieder. Ein Velobremskabel wäre die Lösung, doch hier auf St. Thomas fährt niemand Velo. Dann bricht auch noch die Fixierung der Aufrollfeder des Startermechanismus. Zu alldem verletzt sich Thomas bei der Reparatur mit dem Schraubenzieher zwischen Daumen und Zeigefinger. Es schmerzt nicht, es blutet nicht, doch dieses klaffende Loch muss genäht werden. Der Notfallarzt im Spital heisst Thomas, ist aus Kanada und lebt mit seiner Frau, zwei erwachsenen Söhnen und zwei Hunden auf zwei Rümpfen (Katamaran) und ist unser Nachbar. So kommt es, dass Thomas auf St. Thomas von Thomas verarztet wird. Gabrielle muss nun rudern, meistens gegen gefühlte Orkanböen und Monsterwellen. Schliesslich ersetzen wir das Kabel durch einen stabilen Bändsel und befestigen die Rückholfeder neu.
Jetzt wo der Aussenborder wieder läuft, segeln wir weiter. Thomas darf die nächsten zwei Wochen sowieso nicht ins Wasser. Mit wenig Wind sind wir die nächsten vier Tage unterwegs. Eine sanfte Dünung hebt und senkt Maselle alle sieben Sekunden. Zwischendurch motoren wir. Der Entsalzer läuft täglich und versorgt uns mit Frischwasser. In Fahrtrichtung sehen wir in der Nacht rechts den grossen Wagen, links das Kreuz des Südens, vor uns den Orion, in unserem Fahrwasser den Skorpion. Das klassische Sternbild Skorpion gehört zum Sagenkreis des Orion, den er auf Geheiss der Göttin Artemis mit einem Stich in den Fuss vergiftet hat. Wenn der Skorpion am Osthorizont erscheint, dann geht Orion am Westhimmel unter. Heute essen wir Zuchetti mit Karotten und Polenta, gestern gabs Karotten mit Zuchetti und Ebli, tags davor das gleiche Gemüse mit Reis. Die Gemüseauswahl in St. Thomas war zwar nicht so klein, doch lag alles im Kühlregal und vieles davon war schon verschimmelt. Auf den Virgins, ob British oder US, sind die Läden stark gekühlt, sodass Gemüse und Obst bei uns auf dem Schiff noch lange nachschwitzt und deshalb schnell verdirbt. Das nächste wirklich frische Gemüse werden wir erst auf den Strassenständen sympathischer Verkäufer in Georgetown auf den Bahamas finden.
Unterwegs legen wir einen Stopp bei Big Sand Cay ein (Turks and Caicos). Nach drei weiteren ruppigen Tagen am Wind, Maselle stampft durch die Wellen wie ein bockiges Pferd, und nach insgesamt 740 Seemeilen, erreichen wir Georgetown auf Great Exuma, Bahamas.
Nun brauchen wir Ferien. Zum Glück hat uns Markus eine Yachtzeitschrift dagelassen, mit Törnbeschrieb über die Exuma Cays. Genau das machen wir jetzt, einen Ferientörn. Wir sind froh um die in St. Thomas gekauften Karten. Wir segeln über die Exuma Bank nach Norden. Das Wasser ist flach, klar und türkis, wie in einem Swimmingpool. Es ist gewöhnungsbedürftig mit sechs Knoten Fahrt über zwei bis vier Meter Wassertiefe zu segeln und dabei Seesterne zu sehen. Wir finden weisse Sandstrände und einsame Buchten. Der Aussenborder ist uns egal, wir pumpen unser Kajak auf und paddeln stundenlang. Thomas darf jetzt wieder ins Wasser, Gabrielle hat ihm die Fäden gezogen.
In Cave Cut Cay trinken wir einen Sundowner auf dem Trawler von Christine und Scott. Wir sind über den Dieselverbrauch dieser 12Meter Motoryacht erstaunt: 30 Liter in der Stunde bei 7-8 Knoten Fahrt. Wir brauchen pro Stunde keine 1,5 Liter, kommen aber nur 4-5 Seemeilen weit. In Staniel Cay ist etwas mehr los. Nicht weit entfernt am Strand von Big Majors Spot lebt eine Horde „wilder“ Schweine, die sich gerne täglich von einer Horde Touristen füttern lässt, auch von uns. Für eine Karotte oder einen Apfel schwimmen sie jedem Schiff entgegen. Am nächsten Tag gehen wir früh am Morgen hin. Wir sind ganz alleine mit einer einzigen Sau. Wir nennen sie Grunzi. Eine gute Meile weiter ankern wir mit dem Kajak vor der Thunderball Grotte, wo der Bösewicht im gleichnamigen James Bond Film die Atombombe versteckt hatte. Der Eingang der Grotte liegt unter Wasser. Wir tauchen ein in ein Spektakel von Licht und Wasser und werden sogleich von vielen Fischen umschwärmt. Ganz klar, die werden gefüttert. Wir haben erstaunlicherweise die Höhle ganz für uns alleine. Liegt es vielleicht an der starken Strömung? Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt um einen Meter. Das ist zwar nicht viel, doch da wo der Exuma Sound (Atlantik) über Einschnitte zwischen den Inseln (Cuts) mit der Exuma Bank verbunden ist, fliessen zeitweise starke Gezeitenströme.
Wir segeln nordwärts und klappern weitere Touristenattraktionen ab: die Mangroven bei Shroud Cay und die Leguane auf Allan Cay. Das Wasser ist klar, im Swimmingpool hat es jedoch wenig interessante Spots zum Schnorcheln. Nur in den Cuts mit Strömung treffen wir grössere Fische wie Barrakudas und Adlerrochen, wobei wir aufpassen nicht vom Ebbstrom ins offene Meer gezogen zu werden. Wir sind vorsichtig und schwimmen nur an Orten, wo es Hinterwasser mit Gegenströmung hat. Sonst besuchen wir die vereinzelten, im Sand liegenden Korallenblöcke. Wir freuen uns an Garnelen, Muscheln, Krebsen, Röhrenwürmern (Christmas Trees) und bunten Fischen, alles klein und herzig.
Beim Verlassen der Exuma Bank begrüsst uns der Atlantik mit Regenschauer, wir duschen. Auch Maselle wird wieder mal entsalzen, nicht für lange, denn die Atlantikwellen spritzen bald schon wieder auf Deck. Bei voller Ebbe laufen wir in die Bucht von Marsh Harbour in Great Abaco ein. Wir wühlen uns durch den schlammig-sandigen Ankerplatz und ankern mit der Handbreite Wasser unter dem Kiel. Eine Tümmlermutter mit ihrem Kleinen kreuzt unseren Weg, als wir mit Maxime, unserem Beiboot, unterwegs sind. Leider haben wir keine Tröte wie die Jungs in Flipper und die beiden schwimmen weiter.
Abends sitzen wir im Cockpit, da kommt unser Nachbar mit dem Beiboot vorbei. Anthony's Ferien sind zu Ende. Morgen muss er und seine Familie den gemieteten Katamaran verlassen. Sie haben noch viel Essen und Trinken an Bord, welches sie gerne Cruisers geben möchten. Mit unserer altertümlichen Windsteueranlage sind wir sofort als solche erkennbar. So wandern viele gefüllte Säcke zu uns, der Kühlschrank wird prall gefüllt und die Hausbar aufgestockt.
Wir treffen neue und auch altbekannte Yachties. Es ist schön, wieder mal Bücher und Ideen auszutauschen. Nadine und Thomas von der SeaBorne überzeugen uns, ein weiteres Jahr in der Karibik zu bleiben. Den USA Besuch verschieben wir, die Hurrikan Saison möchten wir auf den ABC-Inseln (Aruba, Bonaire, Curaçao) verbringen, aber vielleicht treffen wir heute oder morgen jemanden, der uns einen neuen Floh ins Ohr setzt.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas