In Cuba hatten wir zwar Internet, doch unsere Blogseite konnten wir nie öffnen. Nun posten wir unseren alten Reisebericht, lieber spät als nie.
Cienfuegos, Cuba, Donnerstag, 14. März 2019
Für frisches Gemüse und frische Früchte gehen wir zwanzig Minuten in New Bight, Cat Island, zum Einkaufsladen. Auf dem Rückweg hält ein Auto und nimmt uns mit zum Polizeiposten, wo unser Dinghy liegt.Wir wollen noch den höchsten Berg der Bahamas erklimmen, unser Fahrer rät uns die vollen Rucksäcke auf dem Polizeiposten zu deponieren. Es sei doch ein steiler Weg, er selbst würde nur mit dem Helikopter da hoch. Problemlos dürfen wir unsere Einkäufe im Polizeiposten lassen, einfach so, ohne Kontrolle. Wo geht das noch auf dieser Welt?
In zehn Minuten sind wir am Fusse des Berges, vier Minuten später stehen wir auf dem Gipfel vor der L'Hermitage, der Ruhestätte Vater Jeromes, 64m über Meer. Vater Jerome war ein katholischer Mönch aus England. Er hat auf den Bahamas fleissig Kirchen restauriert und neue gebaut.
Am Abend sitzen wir vor dem Polizeiposten, weil es hier ein offenes WIFI hat, und schicken den Blog vom 2. Februar ab. Anschliessend essen wir endlich wieder mal auswärts im Hidden Treasure. Wir sind sehr willkommen, denn Yachties sind eine der wenigen Einkommensquellen auf den abgelegenen Bahamasinseln. Wir sind die einzigen Gäste. Als wir nach Hause wollen, regnet es Bindfäden. Wir stehen bei der nächsten kleinen Bar unter. Mit der Barfrau Anna und drei recht angeheiterten Burschen kommen wir schnell ins Gespräch. Wir trinken ein Bier, dürfen es aber nicht selber bezahlen. Schliesslich bringt uns Mike, immer noch im Regen, zum Dinghy. Da nicht viel los ist, spielt es keine Rolle, auf welcher Strassenseite er fährt. Wir erreichen Maselle Süsswasser geduscht und können sogar noch einige Liter Regenwasser sammeln.
In Conception Island läuft der Schwell rund um die Insel.
Auch auf der Leeseite ist es nicht wirklich gemütlich. Shar und George geniessen das Nachtessen bei uns, denn ihre SOUTHERN GRACE, ein umgebauter Fischkutter mit wenig Tiefgang, rollt gewaltig. Maselle mit ihren 1.90m Tiefgang liegt stabiler im Wasser.
Mit der Sonne von hinten, zwischen Korallenköpfen hindurch, kommen wir in die French Bay, im Süden der Insel San Salvador. Columbus soll hier nach seiner ersten Atlantiküberquerung gelandet sein. Beliebt bei Tauchern sind die Drop Offs. Der Meeresgrund fällt rapide von zehn auf über Zweitausend Meter ab. Wir holen unsere Tauchausrüstung hervor und wollen mit Maselle an einer Tauchboje festmachen. Kaum verlassen wir die ruhige French Bay, wird unser Schiff so richtig durchgeschüttelt. Der Schwell ist noch viel schlimmer als in Conception. Die Wellen brechen sich am Ufer der Leeseite. Wir vergessen das Tauchen und segeln weiter nach Rum Cay.
In Rum Cay haben wir schon öfters geankert, waren jedoch noch nie an Land.
Das tun wir nun. Wir kommen zur rechten Zeit, denn das Mailboat (Versorgungsschiff) ist gerade angekommen. Da es keinen richtigen Steg gibt, fährt der Kapitän den Bug auf den Sand im flachen Wasser. Der Empfang des Nachschubs aus Nassau ist eine Attraktion auf dieser 60-Seelen Insel. Trotz unglaublich vielen Moskitos unterstützen wir die lokale Wirtschaft und essen nochmals auswärts, wiederum Poulet mit Bratkartoffeln, eine andere Wahl haben wir nicht.
JD will unser Dinghy Jack retten, allerdings vergebens.
Er schwimmt von seinem geankerten Schiff aus etwa 200 Meter zu uns, bis er bemerkt, dass wir Jack schnorchelnd mitziehen. Später, bei einem Sundowner auf SEAWOLF mit Donna und JD, beschliessen wir, gemeinsam von Acklins aus zum Hogsty Reef (Schweinestall Riff) im Süden zu segeln.
Das Hogsty Reef ist ein hufeisenförmiges Riff mitten im Atlantik, mit zwei kleinen Sandinseln.
Die Riffwände kommen leider nicht bis zur Wasseroberfläche und bieten deshalb kaum Schutz. Das Ankern ist nur bei ruhiger Wetterlage möglich. Wir kommen nach Sonnenuntergang an, im Mondschein sehen wir das nördliche Sandinselchen. Wir ankern davor und verholen uns am nächsten Morgen ins Riffinnere. Mit der Schnorchelausrüstung im Jack rudern wir zu den Korallen und sehen schon bald zwei Adlerrochen und einen Zitronenhai. Wollen wir wirklich ins Wasser?
Schnell ist die Angst überwunden. Hogsty wird unser Schlaraffenland. Wir finden die grössten und fettesten Conch (Fechterschnecke), Langusten in den rostigen Schiffwracks und Thomas jagt Fische. Oft umkreisen uns ein oder zwei Schwarzspitzenriffhaie. Die harpunierten Fische werden schnell übers Wasser gehalten und noch schneller zum Beiboot gebracht.
Wir spielen Familie Schwörer, sammeln sämtlichen Plastikabfall auf der Nordinsel und hoffen, dass uns VICTORINOX auch mal ein Segel spendiert. Mit Treibholz machen wir ein Feuer und braten mit Donna und JD Langustenschwänze. Den Rest der Langusten verwertet Gabrielle zu Rillette, ein willkommener Brotaufstrich. Seit wir in den Bahamas sind, essen wir keinen Käse mehr. Er ist nicht erhältlich oder einfach nicht gut. Haben wir kein tierisches Eiweiss, bereitet Gabrielle ein Linsen-Hummus zu mit Knoblauch, Salz, Zitronensaft, Olivenöl, Kurkuma und Kreuzkümmel (Sesam haben wir nicht an Bord). Danke Verena fürs Rezept.
Endlich tauchen wir und gleich richtig tief.
Geankert in der Man-O-War Bay im Westen von Great Inagua sinken wir von Maselle aus bis runter auf 40 Meter. Wir geniessen das tiefe Blau.
Die Marina in Matthew Town wurde seit unserem letzten Besuch im Jahr 2016 fertig gestellt. Am Holzsteg können vier bis fünf Schiffe festmachen für je 10$ pro Nacht. Wasser gibts für 25cent die Gallone (3,8L)
Kauffahrer von der Ile de la Tortue in Haiti liegen am Betonsteg. Mit ihren motorlosen Segelschiffen bringen sie Früchte, Gemüse, Softdrinks, Wein und Rum aus der Dominikanischen Republik, sowie Zement und befördern auch Passagiere, wenn der Flughafen auf Haiti geschlossen ist.
Ein Schiff kreuzt vor der schmalen Hafeneinfahrt, bis es nahe genug ist um an der Hafenmauer aufzuschiessen. Es hat sehr viel Wind, das Manöver misslingt, weil das Grossfall am Mast von der Rolle gefallen ist. Schnell klettert einer den Mast hoch um das Fall frei zu bekommen, damit das Grosssegel geborgen werden kann. Alle Haitianer eilen herbei um das Segelschiff von der Mole wegzustossen und heil in den Hafen reinzuziehen.
Wir motoren aus dem Hafen und segeln 180 Seemeilen nach Santiago de Cuba.
Zum Einklarieren müssen wir in die Marina Marlin in Punta Gorda an einen schäbigen Betonsteg. Der Marinero, die Guarda Frontera und der Gesundheitsinspektor nehmen unsere Leinen in Empfang. Der Papierkram hält sich in Grenzen. Die Beamten sind mit modernen Computern ausgerüstet, die uralten Drucker jedoch rattern und pfeifen aus dem letzten Loch. Wir erhalten Kopien auf Makulatur, so wird gespart. Für den Gesundheitscheck wird uns ein Gerät vor die Stirn gehalten, welches unsere Körpertemperatur aus 5cm Entfernung misst. Der Bootscheck ist rasch erledigt. Zwei Beamte sitzen in den Salon, trinken zwei unserer kalten Biere, lassen Thomas ein Formular unterschreiben, das wars.
Mit Taxis, herausgeputzte amerikanische Oldtimer oder knatternde, baufällige Ladas, fahren wir täglich ins Stadtzentrum. CUC, das kubanische Touristengeld bekommen wir problemlos an jedem Bankomaten oder in einer der zahlreichen Casa de Cambio (CADECA). Wir wechseln auch einige CUCs in CUPs (Moneta Nacional). Heute ist Samstag, der 23. Februar, Musik und Tanz sind überall, wie auch Zigarren-, Rumverkäufer und Stadtführer. Elia schleppt uns zu Fuss durch ganz Santiago, was andere mit Auto, Kutsche oder Velotaxi machen. Am nächsten Tag nimmt er uns ins Hinterland zum Wallfahrtsort El Cobre mit. Fast zwei Stunden lassen wir uns auf den harten Bänken eines Camions durchschütteln. Wir sitzen mit Kubanern im Bus und sehen und hören uns satt.
Im Agromercado kaufen wir, was es zu kaufen gibt: Süsskartoffeln, Yams, Kohl, Tomaten und Bananen. Die grosse Sapote (Mamey) kennen wir nicht, kosten sie am Stand und kaufen sechs Stück. Es sind unsere einzigen Früchte neben den Bananen, bis wir in Cienfuegos ankommen.
Marea de Portillo erreichen wir nach einem Nachtschlag.
Am Anker warten wir, bis der Beamte der Guarda Frontera zu uns rudert. Er schreibt sich die Schiffsdaten auf, nimmt unsere Navigationsbewilligung für Kuba mit (Zarpe) und wir dürfen an Land. Noch bevor wir Jack ans Ufer ziehen können, werden wir von Dora zum Kaffee eingeladen. Sie gibt uns Fisch, Zwiebeln, Gurken und Tomaten mit. Dafür will sie kein Geld, sondern Seife, Badetücher und Kleider oder was wir sonst entbehren können. Josephina winkt uns in ihr Haus. Wir erhalten noch mehr Gurken und Tomaten und sogar sieben Eier. Von uns bekommen sie dafür eine alte Leine, Seife, Tücher und T-Shirts.
In Portillo ist die Zeit stehen geblieben. Was die Menschen brauchen, wächst in den Gärten um ihre einfachen Häuser. Schweine und Hühner suchen ihr Futter entlang der Wege. Pferde und Kutsche sind das wichtigste Verkehrsmittel. Aber in jedem Haus läuft ein Fernseher, denn der Strom ist kostenlos.
Wir packen Brot, Linsenhumus und viel Wasser in unsere Rucksäcke und wandern durch das üppige Grün hoch zum El Salto. Unterwegs treffen wir Rodrigo auf seinem Maultier, der oben in den Bergen lebt. Zur Mittagszeit baden wir im kühlen Wasser in einem Naturbecken. Genau das Richtige nach drei Stunden wandern. Den Kaffee nehmen wir auf dem Rückweg bei Adi und Kennylady, Rodrigos Frau und Tochter. Der Kaffeestrauch wächst neben dem Haus, die Bohnen sind frisch geröstet und werden von Kennylady in einem Mörser zerstampft. Dies ist der beste Kaffee, den wir je getrunken haben. Dazu gibt es Honigwaben. Wir kaufen Honig, Tomaten, Gurken und Bananen für wenig Geld. Damit wir nicht den ganzen Weg zurückgehen müssen, nimmt uns Kennylady mit zum Stausee, wo ihr Mann Pablo mit einem Ruderboot wartet. Da es sehr stark windet, löst ihn Thomas auf halber Strecke ab.
Wir wollen weiter westwärts segeln, doch wir müssen lange auf den Beamten mit unserem Zarpe warten.
Er entschuldigt sich, der Bus hatte eine Panne. Trotzdem gelangen wir kurz vor Sonnenuntergang nach Cabo Cruz und ankern gut geschützt hinter dem Riff. Zwei Beamte rudern noch zu uns raus und holen das Zarpe ab. Auch hier verzögert sich unsere Abfahrt zwei Tage später. Ein Beamter ruft uns über Funk auf, wir sollen das Zarpe am Steg der Guarda Frontera abholen, er habe kein Boot zur Verfügung.
Von Mangroveninsel zu Mangroveninsel segeln wir im Golf von Ana Maria.
Das Schnorcheln gibt nicht viel her, das Wassser ist sehr trüb.
In Cayo Algodon Grande sperren Fischer abends die ganze Bucht mit ihren Netzen zu. Das macht uns nichts aus, denn wir bleiben wegen Starkwindes. Am Morgen schenken sie uns vier Fische und teilen uns mit, wo wir schöne Korallenköpfe mit Langusten finden können, was dazu führt, dass wir ein Nahrungsproblem haben, nämlich zu viel. Wir kochen in Gläser ein.
In Cayos Cuervo ankert die Hälfte der staatlichen Krevettenfischerflotte von Cienfuegos. Die Crew von C3 winkt uns heran. Für einen Eimer voll Krevetten wünscht sie sich Rum. Wir geben Zwetschgenwasser und Zigaretten, was scheinbar sehr ok ist, denn beim Ablegen poltert es. Die Fischer werfen uns einige Malangas, eine kartoffelähnliche Knollenfrucht, als Zugabe ins Dinghy.
In Cienfuegos ankern wir zwischen IOLAIR und NOA, genau wie vor zwei Jahren in Cartagena.
Nach dem Erledigen des Papierkrams mit Hafenmeister, Zoll und Guarda Frontera, bekochen uns Anne und Shane. Wir freuen uns sehr, die beiden wiederzusehen. Es gibt viel zu erzählen. Wir sind schon lange nicht mehr erst um drei Uhr in der Früh ins Bett. Am nächsten Morgen kommen drei Beamte mit dem Drogenspürhund vorbei. Ein treuherziger Cocker Spaniel muss in unserem Schiff rumschnüffeln. Scheinbar bekommt jede Yacht einmal diesen Besuch.
Abends sind wir alle zusammen bei Jean-Pierre auf NOA.
Wir bezahlen fürs ankern 8.70 CUC (ca. 8.70 CHF) pro Nacht. Dafür dürfen wir das Beiboot sicher am Steg lassen und die Schwachstrahldusche in der Marina benutzen.Nach dem ersten Landgang werden unsere Rucksäcke mit den Einkäufen vom Zoll durchleuchtet. Uns leuchtet das nicht ganz ein, aber die Röntgenanlage sieht sehr neu aus und muss ja schliesslich auch gebraucht werden.
Cienfuegos wirkt wohlhabender als Santiago. Santiago pulsiert mit Musik, Cienfuegos mit Touristen. Hier werden wir offensiver angebettelt und uns werden Geschichten mit verstorbenen Ehefrauen, kranken Kindern, fehlenden Geburtstagstorten oder alles zusammen aufgetischt.
In gewissen Läden können wir nicht einkaufen, da wir keine Lebensmittelmarken haben. Wie in Santiago hat es hier den Agromercado und überall bieten fliegende Händler in den Strassen ein beschränktes Sortiment an Früchten und Gemüse an. Wir werden gefragt, ob wir Holzlack und Fischerleine haben. Wir wollen nicht einfach so verschenken und tauschen gegen Tomaten und Kohl.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas