Wir fliegen nach St. Thomas, nehmen die Fähre nach Tortola und gehen gleich zur Mooringsbasis in Road Town. Moorings ist die grösste Yachtcharterfirma der Welt. Ihnen gehört auch die Werft Robertson & Caine in Südafrika, welche die Leopard Katamarane herstellt. Moorings verkauft sowohl neue, wie auch gebrauchte Boote aus dem Charterbetrieb. Bobby und Noah bringen einen neuen Leopard 48 zur Charterbasis in Tahiti. Sie rechnen mit drei Monaten für die Überführung, wir übernehmen einen Leopard 40 mit Ziel Fort Lauderdale in Florida.
Eine Störung, welche sich zu einem tropischen Tief, schlimmstenfalls zu einem Hurrikan entwickeln könnte, ist von den Kapverden zu uns in die Karibik unterwegs. Schnell machen wir das Schiff startklar, nehmen zwei Fässer an Bord und füllen diese mit Diesel.
Im Tandem mit dem Franzosen JP und dem Amerikaner Ted, welche auch einen L40 nach Florida bringen, legen wir los.
Wir klarieren gleich in die USA ein, nämlich auf der Nachbarinsel St. John. Hier ist es viel einfacher als in Florida. Wir haben keine gelbe Q-Flagge, ein gelber Gummihandschuh wird an die Want geklebt.
JP bekommt Wetterinformationen über sein Garmin InReach (Satellitenkommunikation). Er teilt sie uns regelmässig über Funk mit. Wir erhalten erst in den Bahamas, nach drei Tagen auf See, über unser Bahamasnatel aktuelles Wetter. Da wir die Motoren einfahren müssen, sind wir hochtourig mit 7-8 Knoten unterwegs und verbrutzeln dementsprechend viel Diesel. Die beiden Fässer brauchen wir, wir segeln wenig. Obwohl sich die Störung auflöst, bekommen wir einige Squalls und Gewitter ab.
Nach 1040 Seemeilen und sechs Tage später sind wir in Fort Lauderdale.
Weil wir nochmals die gleiche Delivery machen können, die Katamarane in Road Town aber noch nicht parat sind, bleiben wir ein paar Tage hier. In den Everglades ist es schwül und heiss, die Mücken und No-See-Ums plagen uns. Wir sind froh um die Aircon. Katie und Warren stossen zu uns, sie brachten einen L48. Katie will uns unbedingt ihren Lieblingsladen Bass Pro zeigen. Bass Pro ist ein Mega-Ausrüster für Fischer, Jäger und Camper. Schon der Eingang ist pompös aufgemacht, an den Wänden hängen Tiermodelle, im Laden drinnen plätschert ein Wasserfall, in grossen Aquarien schwimmen Fische und überall werden Jagd- und Fischszenen modellhaft abgebildet. Hier findest du von Tarnunterwäsche über Kojote-Urinspray, Feuerwaffen, Munition, Sommerröckchen mit Sonnenschutzfaktor, Boote und Aussenborder, Marshmellowpistole, Angeln und Köder, Vogelhäuschen bis Duftkerzen und Schokolade alles, was dein Herz begehrt.
Ted kann zusätzliche Linien zu seinem T-Mobile Konto hinzufügen. Er gibt JP und uns je eine SIM.Karte. Für 35$ im Monat können wir endlich in den USA unbegrenzt telefonieren und SMS schicken. Zudem haben wir in den USA und in über 140 Länder unbegrenzte Daten. Unser Online-Leben wird viel einfacher. Wir müssen in Zukunft nicht mehr fürs WiFi an Land oder in jedem Land eine SIM-Karte kaufen.
Zu sechst fliegen wir am 18. Juli nach St. Thomas, wo Gabrielles Schwester Christine am Flughafen auf uns wartet. Katie lädt uns alle in ihr Haus auf der kleinen Nachbarinsel Water Island ein. Da sie und Warren ständig unterwegs sind, sind sie froh, wenn etwas Leben in ihr Haus kommt. Mit dem Golfwägeli fahren wir vom Fährsteg aus den Hügel mehrmals hoch und runter, bis alle Personen und alles Gepäck in der Villa sind. Neben der tollen Aussicht und den Riesensteaks, die Warren auf den Grill wirft, faszinieren uns die Frangipani-Caterpillars. Die Raupen des Frangipani-Schwärmers sind recht gross und fressen den Baum radikal ab, was ihm jedoch nur gut tut, er wächst dann noch besser.
Nach zwei Tagen segeln wir wieder mit einem L40 von Road Town los, diesmal ohne Fässer, ohne Begleitboot und ohne tropisches Tief im Anzug, dafür mit Christine an Bord. Ursprünglich hätte sie mit uns auf der Maselle von New York nach Boston segeln sollen. Maselle steht aber noch immer ohne Motor in Great Bridge. Wir sind froh, dass sie so doch noch mit uns segeln kann. Zudem kommt sie in den Genuss von viel Platz auf dem Schiff, einer eigenen grossen Kabine, eigener Dusche und eines WCs mit elektrischer Spülung und zweimal eines Yogastündchens auf dem Vordeck.
Ein müder Tölpel reitet für einige Stunden mit uns mit. Erschöpft schwankt er auf dem Steuerbordbugkorb hin und her. Seine Verdauung funktioniert leider bestens. Nachdem der Vogel wieder weg ist, putzen Gabrielle und Christine eine gute halbe Stunde das Vordeck. Wir opfern eine Swiss-Zahnbürste, denn der Tölpel hat auch die verstecktesten Rillen gut getroffen.
Mit gutem Wind legen wir die Strecke bis Staniel Cay auf den Bahamas fast ausschliesslich unter Segel zurück. Zur Sicherheit wollen wir hier tanken, doch der Dieselsteg ist heute vom Tankschiff besetzt. Macht nichts, wir ankern im Türkiswasser, schwimmen ein paar Runden ums Schiff und schlafen eine Nacht durch.
Am nächsten Morgen holen wir Diesel. Von nun an motoren wir bis nach Fort Lauderdale, da der Wind ausbleibt.
Beim Übergang von der Exuma Bank zu der Tongue of the Ocean beisst eine Spanische Makrele an. Beim Einholen der Leine frisst uns ein Hai den halben Fisch weg. Thomas fischt weiter, fängt gleich wieder eine Makrele und ist diesmal schneller als der Hai.
Noch 60 Seemeilen vom Ziel entfernt, sehen wir in der Abenddämmerung eine heftige Gewitterfront über Florida. Wir haben keine Lust ohne Radar und AIS nachts eine Grossschiffahrts-Route und den Golfstrom zu durchqueren und in die Gewitter reinzufahren. So ankern wir im Norden der Bimini Inseln. Am Morgen sieht alles etwas freundlicher aus, doch schon mittags müssen wir einem Gewitter ausweichen.
In Fort Lauderdale treffen wir JP, Ted, Katie, Warren, die Hitze und die Mücken wieder.
Wir mieten ein Auto, bringen Christine an den Flughafenzug und nehmen die letzten Tausend Meilen nach Virginia zur Maselle in Angriff.
Im Golf von Mexiko hat sich der Sturm Emily aufgebaut und zieht über Florida. Erneut geben wir Gas und entkommen auch diesem Sturm. Nur zweimal fahren wir auf der Autobahn für kurze Zeit in wasserfallartigen Regengüssen. Die Sicht ist gleich null, und wir fragen uns, was die Lastwagenfahrer sehen, die ungebremst weiterbrettern.
Wir übernachten in St. Augustine, eine der ältesten Städte der USA. Wir bekommen jedoch nicht so viel mit, da wir am Montag Abend spät ankommen. Am nächsten Morgen gehen wir durchs verschlafene Städtli. Da noch alles geschlossen ist, beschliessen wir weiterzufahren und für einen späteren, ausgedehnten Besuch mit unserem Schiff zurückzukehren.
Am ersten August sind wir wieder in Great Bridge auf der Maselle.
Liebe Grüsse von der Maselle
Gabrielle und Thomas